Komposition ist Wille zur Kommunikation – so könnte man die Arbeit von Ronald de Bloeme zusammenfassen. Genau dieser Wille steht im Zentrum seiner Reflexionen und Untersuchungen über die Natur visueller Kommunikationssysteme. Der Wunsch, den anderen zu erreichen äussert sich mit unterschiedlicher Intensität – aggressiv, zart, leise, laut, eigennützig, uneigennützig. Kommunikation ist die höchste kapitalistische Tugend. Gelungen, Mißlungen – Luhmann nennt sie ‚unwahrscheinlich‘. Man will, nein, man muss informieren, manipulieren, konkurrieren, überzeugen. das Schnittmuster zum Beispiel ist ein Zeichensystem, das nur von Eingeweihten gelesen werden kann. Für den Künstler jedoch ist es eine Komposition – ein kompositorisches Spiel aus Flächen, Formen und Farben, Reflexionen auf das Verhältnis der Teile zum Ganzen, tausend Jahre altes Thema des abendländischen Tafelbildes und Obsession von Piet Mondrian. Ein Schnittmuster folgt funktionalen Prinzipien bei der Anordnung der Flächen, nicht den ästhetischen der klassischen Harmonielehre. Kompositionen auf Schnittmustern und Anleitungen zum Modellbau sind kryptische, enigmatische Codes, die entziffert werden wollen. dass sie gemacht wurden, zählt für den Künstler. Er hört den Appell, den diese ‚diskursiven Formationen’ an uns richten. Michel Foucault hat in seiner Analyse der Funktionsweisen von Aussagen auf dieses dass aufmerksam gemacht: ‚Der illokutionäre Akt ist nicht das, was sich vor dem Augenblick der Aussage selbst abgewickelt hat; …sondern das, was sich durch die Tatsache selbst vollzogen hat, dass es eine Aussage gegeben hat‘. So wird die Tatsache, dass es diese Kompositionen, Formationen, ‚visuellen Aussagen’ historisch tatsächlich gegeben hat, Teil des Kunstwerks. Die performative Kraft des ‚dass‘ ist in allen Arbeiten des Künstlers anwesend als Schimmer dieses kryptischen Appells. Ronald de Bloeme antwortet mit der Kraft der Malerei auf diesen Appell, indem er die existierenden, konstruierten Codes an jene Stelle setzt, wo traditionell der Kampf um Prinzipien und um die Angemessenheit von Bildsprachen ausgetragen wurde: in den rechteckigen Rahmen des flachen Tafelbilds. Er befreit die Komposition von ihren tradierten Prinzipien, entlässt sie in den Kunstkontext und überlässt die Wirkung der Bilder der Überprüfung des Betrachters. Er plädiert für die Demokratisierung der Komposition. Er nimmt sich zurück. Er de-komponiert. Demut eines Malers aus Holland.
Ausschnitt aus ein Text von Belinda Ehbauer, 2004.